Die Dritte

Jetzt also doch endlich noch ein Bericht zur Lesung des Münchner Literaturbüros (MLB) um den 15. Haidhauser Werktstattpreis letzten Samstag im Gasteig. Um es kurz und unspannend zu machen: ich bin Dritte geworden und damit recht zufrieden. Gelesen haben Herrmann Rupp, Aye Alavie, Christoph Altmann, Michael Ried, Damaris Nübel, N. Bohrmann, Karl Bertram Raster, Gipp Primus, Georg Eggers und ich.

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Nicht ganz ideal war 1. dass ich schon als zweite lesen musste (das wurde ausgelost, deshalb auch die große 2 vor meinem Namen auf dem Bild) und 2. ich doch etwas aufgeregt war. Trotzdem habe ich es ganz gut über die Bühne und hinter mich gebracht, denke ich und wurde mir gesagt. (Ach ja, gelesen habe ich wieder diesen Text, die Bettgeschichten.)

Unter anderem gab es ein Gedicht über aggressives Einparken in München, das mit solch vehementem Pathos vorgetragen wurde, dass man anfangs nicht wusste, ob man aus Mitleid weinen sollte oder lachen durfte, das Lachen war dann aber sehr befreiend und die ‚Ballade‘ sehr lustig. Außerdem kam eine Geschichte von einem Pfarrer, der zu wenige Hostien ausgibt und dann mit seiner Haushälterin durchbrennt, mit lustigem Schluss, bei der man den Lesenden aber immer gern angeschubst hätte, weil er sich in Einzelheiten verlor und furchtbar langsam und monoton las.

Höhepunkt war dann vielleicht die Geschichte, in der eine große Menge Haschisch (für DM!) gekauft und eine Zigarette nach der anderen geraucht wurde, schließlich gab es dann noch ein selbstgesammeltes Pilzgericht, u.a. mit Fliegenpilzen… Die Geschichte war viel länger als zehn Minuten, der Vortrag wurde abgebrochen. Bei einer Nachfrage aus dem Publikum, was denn in diesem Pilzgericht gewesen sei, entpuppte sich die Geschichte als autobiographisch (Antwort: „ja, da haben wir halt…“), der Autor saß inzwischen mit Sonnenbrille vor dem Publikum, den Stoffbeutel immer noch fest auf der Schulter.

Als Vorletzter kam Christoph Altmann mit einer Geschichte über die Probleme eines Heranwachsenden, die mir inhaltlich sehr gut, sprachlich aber weniger gefiel (mir waren da einfach zu viele 3-4-Wort-Sätze dabei), ganz zuletzt dann Hermann Rupp mit einer Geschichte, die eine gute Idee hatte, meiner Meinung nach sprachlich auch sehr gelungen war und mit einer sehr hübschen Pointe endete.

Abstimmung und Auszählung der Stimmen dauerten dann ziemlich lang (jeder durfte einen 1.,2. und 3. Platz vergeben, wobei der 1. drei Stimmen, der 2. zwei Stimmen und der 3. eine Stimme zugesprochen bekamen). Wie auf der Tafel oben zu erkennen ist, gab es einen überragenden 1. Platz: Hermann Rupp mit 92 Stimmen für ‚Der Unsichtbare‘, 2.-4. Platz lagen dann sehr nah aneinander. Christoph Altmann wurde mit 76 Stimmen Zweiter, ich mit 75 Stimmen Dritte und Karl Raster landete mit nur einer Stimme weniger auf einem sehr guten vierten Platz. Dazu gab’s eine Flasche Wein und ein paar Siegerfotos, Hermann Rupp bekam das Sparschwein:

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Auf dem Foto links neben mir Christoph Altmann und ganz links der Sieger Hermann Rupp (und fragt mich jetzt nicht, wo ich da gerade hinschaue, ich weiß es nicht mehr…). Ich bin dann mit meinen lieben Unterstützern (denen ich natürlich nochmal ganz herzlich danke) ins Café Atlas weitergereist und habe dort ein kleines bisschen gefeiert.

9 Comments for “Die Dritte”

Norman Liebold

says:

Ist es für eine Lehrämtlerin normal, ein Phänomen wie Literatur (Kunst, Menschlichkeit, Nächstenliebe, gedankliche Tiefe…) in dieser Form (welche effektiv gesehen, scheinbar eine Art Springreiten oder Hindernisparcours zu sein scheint, welchem man nach Zeit und Erfüllung gewisser durch eine Jury vorgeschriebene, ähm, Punkte zu bestehen scheint) behandelt zu sehen, ohne ein seltsames Gefühl zu bekommen? Eine grausigliche Vorstellung. Seelenstriptease als Wettlauf. Ich möchte doch betont wissen, daß, wenn ich mit jemandem auf die Bühne trete, ich das stets als Kooperation für das Publikum, und wie meist zu hoffen ist, auch zur eigenen Freude ansehen möchte… 😉 Grüße wieder aus weltlichen Gefilden.

Sprachspielerin

says:

Das ist halt ein Wettbewerb, mit Literatur und einer ’normalen‘ Lesung hat das nicht allzuviel zu tun und ich wurde wirklich nicht gefragt, wie ich die Regeln finde oder ob ich mich darüber wundere, entweder man macht halt mit oder eben nicht…
Und die Bezeichnung ‚Lehrämtlerin‘ als Charaktermerkmal verbitte ich mir!!!!

Sprachspielerin

says:

Naja, so mittel, anfangs war ich zu nervös, nachdem ich gelesen hatte, habe ich mich aber durchaus über andere Texte amüsiert/gefreut etc., kennengelernt hat man da niemanden richtig, aber es war trotzdem ganz nett und einfach eine Übung im ‚Lesen vor Leuten‘, also sicher nicht sinnlos… Die Atmosphäre ist aber doch (leider) etwas gespannt und von Konkurrenz geprägt…

Norman Liebold

says:

Die „Lehrämtlerin“ war – auch vor dem Hintergrund unserer Lehramt vs. Magister-Diskussion – keinesfalls beleidigend gewählt, auch wenn natürlich jegliche scheinbare Subsumierung unter einen Begriff kaum etwas Wesentliches zu treffen imstande wäre (dero Versuch ich auch gar nicht zu statten käme mangels Kompetenz). Nichtsdestotrotz handelte es sich um eine ernsthafte Frage, da mir Wettbewerbe jeglicher Art von jeher höchst suspekt sind, und, so sie sich in Bereichen nicht meßbarer Entitäten bewegen, geradezu, ja, in der Tat: Verhaßt. Als ob es in den holden Gefilden der Dichter und Denker nicht schon genug Futterneid und Egoarmdrücken gäbe, hier dem leitkulturelle Form eines DSDSA – dem „Literaturwettbewerb“ – zu frönen, dünkt mich, wie soll ich sagen, aus dem selben Geiste zu stammen wie die Benotung einer Gedichtinterpretation nach hermeneutischen Vorbild ;-). Aber ich kann nicht mitreden, ich habe nur ein einziges Mal an einem solchen Wettbewerb teilgenommen, zum großen Amüsement der mitgebrachten Anhängerschar, die eingedenk meiner damaligen doch sehr… nun, romantischen Ausrichtung (es ist zu verzeihen, ich war jünglingshafte 19) sich vor Lachen kringelten, als ich den Preis für konkrete Poesie gewann. Schade, das dazumal in Berlin die Juroren nicht verstanden, daß ich aus Ihnen Kunst machte. Mein Gedicht war eine justamente im Moment des Vortrages willkürklich gefaltete Karte der jüngst besuchten Pizzeria. Ich frage mich bis heute, was für verwegene intellektuelle Gedankengänge sie in den „Artischocken und Sardinen… Käse! Käse! Anchov… Wein! Auflauf!“ gelesen haben mögen…

Vordem schon (wie an der Aktion zu erkennen) dem Literaturwettbewerbsbetrieb höchst abgeneigt, entwickelte ich hernach eine eher arrogant zu nennende abschätzig-grinsende Haltung, so ich davon zu hören gezwungen war.

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