Lesung

Wer mich kennenlernen möchte und sich diesen Freitag in München aufhält, der kann dies jetzt voraussichtlich bei meiner ersten öffentlichen Lesung tun. Nachdem ich im Rahmen einer Literaturwerkstatt von Prof. Rolf Grimminger schon einmal eine Erzählung von mir gelesen habe, wurde ich von besagtem Professor freundlicherweise aufgefordert, dies wieder zu tun, mit mehr Publikum, im Münchner Literaturbüro nämlich.

Denn das Literaturbüro veranstaltet jeden ersten Freitag im Monat einen öffentlichen Abend für ‚Spontanlesungen‘, an dem Anwesende 10 Minuten lang einen Text vortragen können, der dann diskutiert wird. Am Ende des Abends wird von den Zuhörern ein ‚Tagessieger‘ bestimmt. Die Tagessieger eines Jahres können dann noch einmal bei einer Lesung gegeneinander antreten, unter ihnen wird dann der Haidhauser Werkstattpreis vergeben.

Da die Tagessieger vom Publikum gewählt werden, ist es natürlich sehr vorteilhaft, möglichst viele Unterstützer dabeizuhaben. Wer also für mich stimmen möchte (alle anderen bleiben bitte zu Hause), sollte sich am Freitag, den 07.12.2007, um 19.30 Uhr im Münchner Literaturbüro in der Milchstraße 4 (81667 München) einfinden.

Mit mir wird dort zwar nicht allzuviel anzufangen sein, weil ich vor Nervosität sterben werde und mir spätestens auf der Bühne die Stimme versagen wird und ich den Tränen nahe in Ohnmacht fallen werde, wie Ingeborg Bachmann es bei Lesungen gerne tat. Trotzdem würde ich mich über zahlreiches Erscheinen freuen und vielleicht bin ich ja zumindest hinterher wieder zu einer gepflegten Konversation fähig. Besonders würde es mich natürlich auch erfreuen, den ein oder anderen mir live noch nicht bekannten Blogger dort zu Gesicht zu bekommen… 

Das Ergebnis war folgendes

Sieches Selbst

Zur Feier des Tages, dass jetzt auf meiner Über-Mich-Seite auch endlich (denn es war schon lange geplant) zwei kleine Fotos von mir zu sehen sind, möchte ich hier noch einmal mein schriftliches Selbstporträt einstellen, das ich für Alban Nikolai Herbsts (ANH) Schreibwerkstatt geschrieben habe.

Die erste Aufgabe in ANH’s Werktstatt lautete folgendermaßen:

Stellen Sie vor sich einen Spiegel auf den Schreibtisch und beginnen
Sie zu beschreiben, was Sie sehen. Seien Sie möglichst genau.
Beschreiben Sie Ihr Gesicht bis zum Halsansatz.

Mein Text zu dieser Aufgabe sah so aus, ANH hat sich dann die Mühe gemacht, einiges zu verbessern, umzustellen und zu verkürzen, meine Synthese folgt hier:


Sieches Selbst

Meine kleine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen sei, heißt es, das hübscheste an mir. Wie ein aufgesprungener Rahmen die Lippen, im rechten Mundwinkel rot eingerissen. Meine Zunge sucht die wunde Stelle immer wieder. Die immerwährende Blässe meiner Haut ist noch porzellanener als sonst, selbst die Heiterkeit der Sommersprossen auf Nasenrücken und Wangen ist hinweggebleicht von Winter und Siechtum. In meinen Gesichtszügen vermischt sich das böhmische Blut meiner Mutter, für die hohen Wangenknochen verantwortlich, mit dem preußisch-fränkischen meines Vaters, der mir das Blond meiner Wimpern gab und das Blau in die Augen. Doch Vermischung schwächt ab. Ich verfüge nicht über die vollen Lippen und hohlen Wangen der Mutter, welche die Höhe der Wangenknochen erst betonen würden und meine Augenfarbe ist zu einem Graublau gelindert. Jedes Haar der Brauen länger als gewöhnlich, wirken meine Augen, bekränzt von farblosen Wimpern, kühl, analytisch und beobachten hinter randlosen Brillengläsern. Wie mit kurzen Feuerzungen wird meine bleiche Stirn umrahmt vom heißen Dunkelrot hennagefärbten, störrischen Haars: damit das Rosshaar meiner Großmutter fortleben könne.