Sehnsucht, schwer

ich fürchte mich vor Regentagen
und vor solchen, die mir
ans Herz greifen, kalt,
und vor den Winterstürmen des Westens.

Ich trage eine Sehnsucht in mir,
Nach der Höhe der Klippen,
Dem Aufblühen einer Rose,
Dem Flug des Falken.

Ich trage eine Sehnsucht in mir,
Nach der Farbe des Meeres,
Den Wipfeln der Bäume,
Den Sprüngen der Delfine.

und doch dieses Zögern,
aus der Mondlandschaft meiner Tage
zu gehen
Ins Aufblauen einer Nachmittagsstunde.

Ich trage weiter
an meiner Sehnsucht, schwer.

Juli 2000

Sein Weggehen

Sein Weggehen

Und oft, wenn er
ging,
warf sie sich aufs Bett und
brach
in Tränen aus, heiß
auf ihren Wangen.

Und oft, wenn er
ging,
dann blieb ein Stück
Herz
an seinem Mantel
hängen von ihr.

Und oft, wenn er
ging
und sie ließ in ihrer
Einsamkeit,
fürchtete sie, er könne
fortbleiben für immer.

Und oft, wenn er
ging,
glaubte sie, dass sie würde
sterben
müssen daran, einmal:
an seinem Weggehen.

Oktober 1998

Schmerz

Mir zerbricht der Kopf unterm Herzen,
Zerschnitten von einer silbernen Mondsichel,
Augenlicht liegt zerstampft am Boden, Pferdehufe,
Der graue Dampf der aus meiner Brust zerquillt,
Meine Seele, dunkele Katze,
Zerpeitscht von den Nadeln des Eissturms,
Mein Leib zerwankend unter den Schlägen der Winde,
Watteblau, seidenhart, lavendelkalt, rosmarinrot,
Mein Hirn zerspringt klebrig im Schädel,
In mir zersplittert etwas wie Glas, dass die Scherben
Festsitzen im Fleisch mit Widerhaken,
Süßliches Menschenblut in meinem Munde,
Meine Augen zerfallen aus den Höhlen wie Tränen,
Und ich krieche am Boden auf bloßen Knien.
Die Welt zerschmerzt mich.

März 1998

Glück

Hochaufjauchzen und sich werfen in eine Flut von Lüsten,
die einem dargeboten werden, täglich.
Baden in der Sonnenstrahlen Freudigkeit,
schreiend begreifen die Unumgänglichkeit der Schönheit.

Wie ein Kind sein, mit Augen, die den Himmel umfassen,
einem Herzen, das sich weitet um die Erde.
Um die Welt mit der Seele zu umarmen und
zu greifen nach der Hoffnung,
dass kein Ende sei dem blauäugigen Vertrauen.

Und keine Angst haben und zittern vor
Verlangen und Erfüllung, einander bedingend.
Vergessen die Schmerzen vor bebender Seele,
dass der Moment komme, zu schwimmen durch die Lüfte und
aufzugehen in paradiesähnlicher Einsamkeit.

Haschen nach den weiten Röcken der verlorenen Mutter,
zur Einigkeit mit Selbst und Sein.
Mit rot aufeinander schwelenden Lippen stammeln,
die Verzeihung des Bösen.
Und mit leuchtendem Herzen tanzen,
fliegen in einen Sonnenuntergang der Freudigkeit.

Und leise Zweifel bekämpfen, es könne nicht immer so,
das Glück doch unzuverlässig sein und glauben.
Glauben, dass die Gewogenheit der Stunde unvergänglich sei,
dass die Bosheit eines dunklen Schattens nicht gegenwärtig wäre.

Oktober 1998

Weinernte

Weinernte

Fruchtende Blutdolden
zäh zu ziehen
von klebrigen Stengeln,
fleischende Zahnwunden
zu schneiden in grünes Holz.
Chaque jour
je te veux
plus que hier.
Hell ermüdete Augen
in sich täglich
verdunkelnden Gesichtern,
sprengende Schädelsonne,
gebeugte Hitze auf Rücken.
La petite.
Schwärmende Mückenstieben,
vom Winde gepeitscht
gegen Leiblaub.
Und er packt mich
im Genick
wie eine junge Katze.
Toute ma tendresse.
Zärtliches Schneckenverstecken
vor sammelnden Gieraugen.
Heranhunden der Porteure
mit Rufen und Pfiffen,
wie sie mit Arabern sprechen,
sich aufzukrümmen,
sich leer zu entlasten.
Si tu es loin de moi…
Tages
Trägzeitziehendes
Tristwerk.

Oktober 1999