Musik für sich

Heute habe ich mal wieder ein sehr bemerkenswertes Zitat in Alban Nikolai Herbsts Arbeitsjournal gefunden, wo dieser schreibt:

Wäre ich Musiker geworden, wäre ich zumindest latent autistisch. Das liegt daran, daß man Musik für sich ganz allein spielen kann, es kommt auf Publikum nicht an; Literatur ist anders, sie kommuniziert i m m e r, und wenn es nur mit einem „inneren Leser“ ist. Musik, selbst ausgeführte, braucht nur den, der sie spielt.

Über den Unterschied zwischen Musik und Literatur habe ich immer nur von der anderen Seite her nachgedacht, wie ihre jeweilige Technik ist, wie sie Wirklichkeit abbildet und Gefühle wiedergibt, wie sie auf den Hörer/Leser wirkt etc., nie von dorther: wer sie spielt oder schreibt. Und ANH hat Recht, scheint mir. Musik genügt sich selbst, Literatur nicht.

Allenfalls eine gewisse Art der Lyrik (natürlich keinesfalls jede!) könnte dazwischen stehen und selbstgenügsam sein wie Musik oder ein Tagebuch. Und professionelle Musiker müsste man einmal fragen, ob sie sich so etwas wie einen „inneren Zuhörer“ nicht doch selbst konstruieren und vorstellen beim Spielen. Ganz abgesehen von Komponisten. Oder?

Sommerferien

Da sind sie also, meine wohlverdienten, langen Sommerferien. Um die Prüfungsberichterstattung hier komplett zu machen: das war’s, hiermit ist endlich alles vorbei, auch die letzten Prüfungen sind jetzt überstanden. Die letzten zwei Wochen waren noch einmal sehr, sehr anstrengend, auch weil es immer schwieriger wurde, mich überhaupt zum Lernen aufzuraffen, die Motivation sank von Prüfung zu Prüfung doch stark, die Kraft ließ nach, die Laune wurde nicht besser.

Aber jetzt sind alle 18 Prüfungen vorbei, ich bin fertig mit meinem Staatsexamen in Deutsch, Geschichte und Italienisch und einfach nur sehr erleichtert, dass ich es geschafft habe. Die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen stehen zwar noch aus und kommen erst in den nächsten Wochen per Post ins Haus geflattert, aber bestanden werde ich schon haben und alles andere ist mir momentan ziemlich egal: was auch immer dabei herauskommen mag, ich bin nun einfach glücklich und stolz auf mich.

Und das Gefühl, das ich jetzt habe, gleicht wirklich ein wenig dem, das man vor den richtigen, „großen“ Sommerferien zu Schulzeiten hatte. Da liegt nun eine Vielzahl an Wochen vor mir (in diesem Fall sogar noch mehr als die normalen ‚Schulsommerferien‘), in denen ich nicht allzu viel zu tun habe, die ich füllen kann, wie ich mag, in denen ich frei bin. Die verdiente Erholung und Belohnung.

Es fühlt sich an wie früher, wenn wir in unserem Haus in Südfrankreich angekommen waren, die Schule (jetzt: Uni) schon unvorstellbar weit entrückt war und ich wusste, dass in den nächsten fünf Wochen nichts auf mich wartete als freie Zeit, als Spaziergänge, Ausflüge, Träume, das Meer und der große Bücherstapel, den ich aus der Stadtbibliothek mitgenommen hatte. Und dann verging die Zeit, langsam und sanft, ich schrieb viele lange Briefe an Freunde und der Stapel mit den noch ungelesenen Büchern schmolz vor sich hin. Ein bisschen so ist es jetzt auch und deshalb hoffe ich, dass hier im Blog in Zukunft auch wieder weniger „Alltägliches“ stehen wird und dafür mehr Literarisches, „Prosaisches“ wie „Lyrisches„, es hier aber in jedem Fall wieder deutlich lebendiger zugehen wird.

Was mir jetzt noch bleibt: meinem Lebensmenschen danken, dass er diese Zeit so tapfer an meiner Seite ausgehalten hat. Seinen Job hätte ich nicht haben mögen: mich immer wieder aufmuntern, mich anfeuern, mir andauernd die Daumen drücken, manchmal (selten) meine Tränen trocknen, mir auf die Füße treten und mich zum Lernen antreiben, für mich einkaufen und kochen, mit meinen Launen leben… War sicher nicht immer lustig. Danke dafür und für vieles andere.

Die Dauer des Sterbens

„Man sollte sich mit alten Menschen versöhnen, die jederzeit plötzlich sterben können“, sage ich und meine meine Großmutter.

„So schnell stirbt man nicht, Du siehst doch, wie lange das dauert“, sagt mein Vater und meint meinen Großvater.

Die Dauer des Sterbens ist unvorhersehbar.

Pläne für die Zeit danach

Das Ende ist ja nun absehbar. Die Examensphase mit einer Prüfung nach der nächsten, die seit Februar anhält (und natürlich schon viel früher mit der Lernerei begann und ganz genau genommen eigentlich schon im Februar 2007 anfing, als die Zulassungsarbeit geschrieben wurde), diese elendig lange Examensphase geht jetzt also in zwei Wochen zu Ende. Noch vier mündliche Prüfungen (zwei in Deutsch, zwei in Italienisch), dann ist alles geschafft. Tutto completto oder so. Am 20. Juni bin ich wieder ein freier Mensch.

Man kann sich das ja kaum noch vorstellen, dass dann keine Prüfung mehr vor der Tür steht, man mal wieder Zeit hat und nicht andauernd lesen und lernen muss. Wie ist denn das nochmal? Um die Vorfreude auf diese Post-Examina-Zeit ins Unermessliche zu steigern, möchte ich hier schon einmal ein paar Dinge notieren, die ich danach unbedingt machen will, nicht nach Relevanz geordnet:

  • natürlich endlich wieder mehr schreiben, Geschichten, Gedichte, Blogposts, Tweets, älteres überarbeiten etc.
  • endlich wieder Bücher ‚einfach so‘ (und ohne Textmarker) lesen, vielleicht nehme ich mir sogar den Proust vor (wann werde ich schon mal wieder 2 1/2 Monate frei und die Gelegenheit haben, mich so auf etwas einzulassen?), außerdem möchte ich die Lyrik mal etwas ausführlicher durchstöbern
  • meine vernachlässigten Freunde wieder öfter treffen und sie nicht immer vertrösten müssen
  • wieder mehr Musik hören und endlich wieder auf das ein oder andere Konzert gehen
  • ausführlicher kochen und backen, z.B. eine größere Mezze-Auswahl, Ingwer-Sirup, vielleicht Ingwer-Marmelade, Gemüse marinieren, Sushi rollen usw.
  • Klamotten: Hosen kürzen, Löcher stopfen, Knöpfe annähen und endlich, endlich wiedermal shoppen gehen (habe mir bestimmt seit einem Jahr nichts mehr neues gekauft…)
  • meinen Feed-Reader wieder öffnen. Dann muss ich allerdings erstmal ‚Alles als gelesen markieren‘ klicken, fürchte ich… aber dann wieder regelmäßig Blogs lesen und kommentieren, juche!
  • einen neuen Laptop aussuchen, kaufen und genießen
  • die Wohnung gründlich putzen (Frühjahrsputz musste dieses Jahr leider ausfallen)
  • mich einfach mal in die Wiese legen, den Wolken zuschauen und gar, gar nichts machen
  • wieder mehr Klavier spielen
  • mein Kaninchen öfter streicheln und wild mit dem Hund Balu balgen
  • in Urlaub fahren
  • und vieles mehr! Oh, das wird so toll!!!
  • Okay, jetzt aber erstmal an die Arbeit… 🙁