Silvester-Geschichte

Eigentlich sind es ja die größten Idioten, die Silvesterböller schon Tage vor dem Jahreswechsel zünden und knallen lassen. Das sind die, die irgendwas nicht verstanden haben, die nicht warten können, die kein Benehmen haben und ihren Mitmenschen ohne weiteres auf den Geist gehen. Es sind die, die sich nicht um die Schönheit mancher Traditionen und nicht um Rücksichtnahme auf verschreckte Haustiere scheren. Irgendwelche Volltrottel oder meinetwegen Kinder.

Aber es gibt auch Ausnahmen. Als sie mir sagte, dass sie Silvester nicht mehr erleben würde, war so eine. Sie war ganz ruhig dabei, sie sah mir fest in die Augen, aber ich glaube, ihre Stimme zitterte doch ein wenig. Ich wusste nicht, wie ich reagieren, was ich ihr antworten sollte, aber sie erwartete auch weder Reaktion noch Antwort. Sie sah mir weiter in die Augen und sagte: „Schenkst Du mir ein Feuerwerk, ein letztes?“ und ich brauchte nur zu nicken.

Es war nicht schwer, die Feuerwerkskörper zu besorgen, mir ein Arrangement zu überlegen, das große Feld am Waldrand zu finden und sie hinzufahren. Es war nicht schwer, alles aufzubauen und sie dann in die Mitte der Wiese zu führen. Es war nur schwer, die Feuerwerkskörper dann zu zünden, mit all den Tränen in den Augen. Es war schwer ihr zuzusehen, wie sie in den Himmel blickte mit den großen Augen eines begeisterten Kindes, mit dem geöffneten Mund eines glücklichen Mädchens, bis der letzte Funken am Himmel versprüht war. Und das schwerste war, sie zurückzufahren und zu wissen, dass es nun vorbei war, ihr letztes Feuerwerk, ihr allerletztes, schon viele Tage vor Silvester.

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